
Das Paradoxon der Kapitalanleger: Mit Zunehmendem Immobilienbestand wird die Prüfung komplexer
Unterlagen für Kapitalanleger
Viele Kapitalanleger glauben, dass eine Finanzierung mit wachsendem Bestand leichter wird. Tatsächlich passiert aber das Gegenteil.
1. Warum Kapitalanleger besonders streng geprüft werden
1.1 Risikoallokation aus Banksicht
Ein häufiger Gedanke von Kapitalanlegern lautet:
„Der Mieter zahlt die Rate – das Objekt trägt sich selbst.“
Das stimmt allerdings nur unter Idealbedingungen.
Banken denken konservativer und prüfen:
Wie stabil sind die Mieteinnahmen wirklich?
Was passiert bei Leerstand oder Mietausfall?
Was passiert, wenn Sanierungen Einheiten vorübergehend ausfallen lassen?
Kann der Anleger diese Risiken aus seinem Einkommen abfedern?
Darum setzt die Bank:
Mieteinnahmen nur zu 80 % an (Risikopuffer)
alle bestehenden Raten zu 100 %
ein Basiseinkommen als Stabilitätsanker (sofern vorhanden)
Das alte Erfolgsmodell vieler Anleger:
kaufen → finanzieren → Wertzuwachs einstreichen
funktionierte in einem Markt mit über 20 Jahren Preissteigerungen.
Heute zählen: Nachhaltigkeit, Resilienz, Cashflow-Stabilität.
1.2 Warum Vollfinanzierungen für Kapitalanleger kaum möglich sind
Ein Kapitalanleger soll sein eigenes Kapital anlegen — nicht ausschließlich das der Bank.
Wer versucht, eine Vermietungsimmobilie vollständig fremdzufinanzieren, betreibt:
Spekulation mit Fremdkapital – effektiv Gambling auf Risiko der Bank.
Denn:
Der Anleger kassiert den Wertzuwachs.
Die Bank erhält nur Zinsen.
Das Risiko einer Wertminderung liegt fast vollständig bei der Bank.
Darum verlangen Banken:
Oft die Übernahme aller Nebenkosten
zusätzliche Liquiditätspuffer.
1.3 Verschuldungsgrad beachten – Warum Banken unbegrenztes Wachstum stoppen
In früheren Niedrigzinsphasen konnte ein Kapitalanleger theoretisch folgendes Modell fahren:
Objekt vollfinanzieren
Mieteinnahmen übersteigen die Rate → positiver Cashflow
Kapitaldienstfähigkeit verbessert sich
neues Objekt vollfinanzieren
wieder Überschuss → wieder neues Objekt
So entsteht eine Kettenreaktion:
Vermögensaufbau beim Anleger
Fremdkapitalaufbau ohne echte Eigenkapitalbildung
Risikoexport zur Bank
Das führt zu einer gefährlichen Konstruktion:
Der Anleger erhält die Upside – die Bank trägt das Downside-Risiko.
Warum Banken das begrenzen
Solche Modelle funktionieren nur in perfekten Marktphasen.
Schon kleine Veränderungen können das System kippen:
Zinsanstieg
Mietausfall
energetische Sanierungen
Instandhaltungsschübe
Preisrückgänge
Klumpenrisiken bei Portfolios
Der interne Risikomultiplikator (LTI) – Die echte Obergrenze
Banken setzen für Kapitalanleger einen maximal zulässigen Verschuldungsgrad fest.
Dieser orientiert sich u. a. am:
Basiseinkommen
Cashflow
Portfoliorisiko
Marktniveau
Liquidität
Wie hoch dieser Multiplikator genau ist, bleibt bewusst bankenintern.
Was man aber sagen kann:
Die Europäische Zentralbank zeigt in ihren Analysen:
Typischer Verschuldungsgrad privater Haushalte:
LTI ≈ 4,4 (Gesamtschulden ≈ 4,4 × Jahresnettoeinkommen)
Das ist keine harte Grenze, aber eine realistische Orientierung dafür,
wie viel Verschuldung langfristig tragfähig ist
ab welchem Punkt Banken Wachstum bremsen
Wichtig: Der LTI ist kein Kreditlimit und spielt in der Baufinanzierung keine operative Rolle.
Er beschreibt lediglich den durchschnittlichen Verschuldungsgrad europäischer Haushalte – also wie hoch Schulden statistisch im Verhältnis zum Einkommen stehen.
Für die Kreditvergabe zählt jedoch nicht der LTI, sondern die monatliche Tragfähigkeit, Cashflows, Eigenkapital und das Risikoprofil des Portfolios.
1.3.1 Exkurs: Wie läuft das bei Privatiers ohne Einkommen?
Ein Privatier hat kein Arbeitseinkommen.
Nach klassischer LTI-Logik könnte er:
→ keine neue Finanzierung mehr aufnehmen.
Doch so rechnen Banken nicht.
Bei Privatiers ersetzt das Immobilienportfolio das Einkommen.
Die Bank bewertet:
Nettomieteinnahmen (gewöhnlich mit 20 % Risikopuffer)
Bewirtschaftungskosten
Cashflow nach allen Darlehensraten
Stabilität der Vermietung
Anzahl und Struktur der Objekte
Liquiditätsreserven
Ein Privatier kann daher sehr wohl neue Kredite erhalten — trotz 0 € Gehalt.
SO LANGE:
das Portfolio ausreichend Cashflow liefert
der Verschuldungsgrad nicht überzogen ist
keine Klumpenrisiken bestehen
der Beleihungsauslauf passt
Warum Banken auch hier begrenzen
Der Anleger erhält die Wertsteigerungen.
Die Bank trägt das Ausfallrisiko.
Daher wird unbegrenzte Portfoliowachstum auch bei Privatiers klar gedeckelt.
2. Welche Unterlagen Kapitalanleger wirklich einreichen müssen
2.1 Persönliche Unterlagen
2.2 Unterlagen zu allen Bestandsobjekten
(für jedes Objekt einzeln einzureichen)
Alle Mietverträge aller Einheiten
Letzte 3 Kontoauszüge der Mieteingänge
Alle bestehenden Darlehensverträge
Jahreskontoauszüge (2 Jahre)
Aktueller Grundbuchauszug
Steuererklärung inkl. Anlage V & V
Warum dieser Punkt enorm eskalieren kann
Ein Anleger mit 50 einzelnen, fremdfinanzierten, vermieteten Einheiten müsste einreichen:
50 Mietverträge (15–20 Seiten je Vertrag)
50 Kontoauszüge der Mieteingänge
50 Darlehensverträge
50 Jahreskontoauszüge
50 Grundbuchauszüge (8–10 Seiten je Auszug)
50 Objekte in der Anlage V+V der Steuererklärung
Das sind schnell über 2.000–3.000 Seiten, die die Bank prüfen muss.
Was die Bank prüft — und was nicht
Nicht geprüft wird:
kein Beleihungswert
kein baulicher Zustand
kein Gutachten
keine Sicherheitenübertragung
Denn Bestandsobjekte werden im Standardfall nicht als Sicherheiten genutzt
Geprüft wird ausschließlich:
Cashflow
Eigentumsnachweis
Einnahmenstabilität
Gesamtverschuldung
2.3 Unterlagen zum Kaufobjekt (z. B. MFH mit 6 Einheiten)
| Unterlage | Zweck | Wo erhältlich |
|---|---|---|
| Baubeschreibung | Bauqualität | Architekt, Verkäufer |
| Energieausweis | energetischer Standard | Berater, Internet |
| Exposé | Überblick | Makler |
| Fotos | visuelle Erstprüfung | Makler |
| Flurkarte | Grundstückslage | Katasteramt |
| Grundbuchauszug | Rechte & Lasten | Grundbuchamt |
| Grundrisse | Flächenaufteilung | Bauamt, Architekt |
| Ansicht & Schnitt | Baukörper | Architekt |
| Wohnflächenberechnung | Basis Ertragswert | Architekt |
| Teilungserklärung | WEG-Struktur | Notar |
| Mietverträge | Ertragsbasis | Verkäufer |
3. Kapitaldienstfähigkeit – So rechnen Banken
3.1 Mieteinnahmen: i.d. R.. nur 80 % werden angesetzt
Grund:
Leerstand
Mietausfall
Verwaltung
Instandhaltung
→ 1.000 € Miete → 800 € Bankansatz
3.2 Bestehende Kreditraten: 100 % werden angesetzt
Selbst wenn ein Objekt „echt“ Cashflow erzeugt:
für die Bank zählt die maximale Belastung.
3.3 Beispiel
Mieteinnahme: 1.000 €
Bankansatz: 800 €
Neue Kreditrate der Finanzierung: 950 €
→ Aus Bankensicht nicht tragfähig, auch wenn das Objekt real „sich selbst trägt“.
4. Objektbewertung – Ertragswert statt Vergleichswert
Kapitalanleger werden immer nach Ertragswert geprüft — nie nach Vergleichswert.
4.1 Ertragswert kurz erklärt
Ertragswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert
Kurzform:
Jahresrohertrag
– Bewirtschaftungskosten
– Bodenwertverzinsung
× Vervielfältiger
Bodenwert
4.2 Mini-Beispiel
Mieteinnahmen: 12.000 €
Bewirtschaftungskosten: –2.400 €
Reinertrag: 9.600 €
Bodenwertverzinsung: –2.000 €
Gebäudereinertrag: 7.600 €
× 13 = 98.800 €
Bodenwert 50.000 €
→ Ertragswert: 148.800 €
→ Liegt der Kaufpreis höher, muss Kapital selbst aufgebracht werden.
5. Häufige Ablehnungsgründe
zu geringes Basiseinkommen
Vollfinanzierungsversuche
Ertragswert < Kaufpreis
negative Cashflows
zu viele parallele Kredite
Unterlagen unvollständig
Mietausfälle
fehlende Rücklagen
6. Fazit
Kapitalanleger werden streng geprüft, weil:
Risiken höher sind
Cashflows komplexer sind
Unterlagen umfangreicher sind
der Anleger die Gewinne erhält
die Bank jedoch das Gesamtrisiko trägt
Wer erfolgreich investieren will, sollte:
ausreichend Eigenkapital einplanen
Unterlagen perfekt vorbereiten
realistisch kalkulieren
den Verschuldungsgrad im Blick behalten
Dann steht einer soliden Finanzierung nichts im Wege.
Wir sind jederzeit persönlich für Sie da!
Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne bei Ihrer Baufinanzierung.
